Zur Ansicht des ganzen Artikels bitte auf den Titel klicken Auf der konstituierenden Sitzung am 19. Mai 2022 wurde die Erarbeitung der Richtlinie durch den fkks Fachverband Kathodischer Korrosionsschutz e.V. beschlossen. Die Mitarbeit stand allen interessierten Kreisen offen. Die Richtlinie ist im Juni 2023 erschienen und lässt sich über die Geschäftsstelle des fkks Fachverband Kathodischer Korrosionsschutz e.V. beziehen. Vorstellung des Fachbereiches Stahl in Beton (KKSB)Der Fachbereich "Stahl in Beton" innerhalb des fkks beschäftigt sich in vor allem mit Fragen der Korrosion, des Korrosionsmonitorings und des Korrosionsschutzes von Bewehrungsstahl, Spannstahl, Stahlträgern u. ä. in Beton. Prof. Dr. Bernd Isecke (CORR-LESS Isecke & Eichler Consulting GmbH&Co.KG), Dr.-Ing. Thorsten Eichler (CORR-LESS Isecke & Eichler Consulting GmbH&Co.KG), Dr.-Ing. Franz Pruckner (PP engineering GmbH, Dipl.-Ing. Daniel Oberhänsli und Dipl.-Ing. Gregor Gerhard (instakorr GmbH) sind die Mitglieder dieses Fachbeirates. In den ersten Monaten nach der Konstituierung war es dem Fachbeirat in erster Linie wichtig die korrosionsbezogenen Fragen in den Fachzeitschriften der Bauingenieure zu bewerben, Kontakte zu führenden Ingenieurbüros und Interessensverbänden für Betoninstandsetzung herzustellen, sowie generell auf den Fachbeirat aufmerksam zu machen. Wichtig war auch die Internationalisierung des deutschen Zertifizierungsprogramms nach DIN EN 15257:2007 bzw. DIN EN ISO15257:2017 (englische Ausbildung). In Zukunft ist es dem Fachbeirat zudem wichtig den Mitgliedern, vor allem aber allen Interessierten zu Fragen der Korrosion, des Korrosionsmonitorings und des – in erster Linie elektrochemischen – Korrosionsschutzes (KKS, Chloridentzug und Realkalisierung) kompetente Ansprechpartner zu speziellen Korrosionsfragen zu vermitteln. Auch soll der KKS-B als ökologisch nachhaltige Technologie den verantwortlichen Ingenieurbüros und potentiellen Kunden bewußter gemacht werden. Leitung: Dr. Ing. Dr. rer. nat. Franz Pruckner Kontakt: kksb@fkks.de _________________________________________________ Die sekundären Schutzmechanismen des kathodischen Korrosionsschutz von Stahl in Beton und ihre Bedeutung für die PraxisThorsten Eichler, Bernd Isecke, Armin Faulhaber, Franz Pruckner ZusammenfassungDie Korrosionsschutzwirkung durch kathodische Polarisation korrodierender Systeme ist mittlerweile, auch für das System Stahl in Beton, ausreichend erforscht und in einschlägiger Fachliteratur publiziert worden [1-6]. Speziell beim kathodischen Korrosionsschutz im Stahlbetonbau (KKS-B) treten neben den Polarisationseffekten weitere für den Korrosionsschutz positive Mechanismen in Erscheinung. Diese sogenannten sekundären Schutzmechanismen, bewirken eine Veränderung der chemischen Umgebung des zu schützenden Stahls. Der pH-Wert an der Phasengrenze Stahl/Beton steigt durch das Forcieren der kathodischen Teilreaktion auf der Bewehrungsoberfläche und die Chloridkonzentration sinkt aufgrund des zwischen externer Anode und Schutzobjekt erzeugten elektrischen Feldes, welches die Migration von Anionen von der Kathode zur Anode bewirkt. Beide Mechanismen werden häufig als Ursache der hohen Effektivität des kathodischen Korrosionsschutzes im Stahlbetonbau genannt [7]. Bis heute fehlen jedoch gezielte Untersuchungen über die Auswirkungen der sekundären Schutzmechanismen auf die Veränderung des Korrosionszustandes kathodisch geschützter Bauteile. Die im Folgenden dargestellten Untersuchungen betreffen die Auswirkungen der sekundären Schutzeffekte auf das Korrosionsverhalten von Bewehrungsstahl in chloridhaltigen alkalischen Medien. Es konnte gezeigt werden, dass bei Verringerung der Chloridkonzentration in dem den Stahl umgebenden Medium die Korrosionsrate des Systems die Korrosionsrate ebenfalls sinkt. 1. EinleitungDer volkswirtschaftliche Schaden, welcher durch die Korrosion der Bewehrung von Stahlbetonbauwerken und ‑bauteilen jährlich weltweit verursacht wird, beträgt mehrere Milliarden Euro. Broomfield [8] beziffert den Schaden allein an Parkhäusern in den Vereinigten Staaten aufgrund von Tausalzschäden mit 50 bis 150 Millionen Dollar pro Jahr. In Deutschland wird die volkswirtschaftliche Relevanz korrosionsbedingter Bauwerksschäden unter anderem durch die steigende Zahl der Instandsetzungsmaßnahmen an chloridbelasteten Parkhäusern und Tiefgaragen offenbar, welche in zunehmendem Maße mittels elektrochemischer Instandsetzungsverfahren wie dem KKS-Bertüchtigt werden. Im Jahr 1974 [9] ging die weltweit erste KKS-B Maßnahme mit leitfähigem Asphalt als Anodenmaterial in Betrieb. Zwölf Jahre später, 1986, erfolgte die Inbetriebnahme [10] der ersten KKS-B-Anlage in Deutschland. Diese wurde im Rahmen eines 1985 initiierten, internationalen Forschungsvorhabens, des BRITE-Projektes [11], errichtet und schützte 15 Jahre lang die korrosionsgeschädigte Bewehrung einer Stützwand des Berliner Autobahnrings, bevor sie im Jahr 2001 zurückgebaut wurde. Für das System Stahl/Beton konnte die Korrosionsschutzwirkung durch kathodische Polarisation mittlerweile in hinreichendem Maße nachgewiesen und publiziert worden. Die DIN EN 12696 [12] existiert seit 2000 und regelt die Leistungsanforderungen an KKS-B-Systeme. Trotz der, aus technischer Sicht ausreichend geklärten Fragestellung, ob kathodischer Korrosionsschutz ein adäquates Mittel zum Schutz der Bewehrung von Stahlbetonbauteilen vor Korrosion ist, verbleiben hinsichtlich der Wirkmechanismen beim KKS-B bis heute nicht ausreichend geklärte Fragestellungen. In der jüngeren Fachliteratur finden sich immer wieder Begriffe wie „kathodische Passivierung“ oder Ausführungen über die im Verhältnis zur Korrosionsstromdichte geringen erforderlichen Schutzstromdichten beim KKS-B. Erstere sind aus thermodynamischer Sicht zweifelsohne, jedoch aus Sicht der elektrochemischen Kinetik kaum erklärbar. Letztere werden für gewöhnlich durch die Wirkung der sogenannten sekundären Schutzmechanismen, der Chloridmigration (1) und der Erhöhung der OH--Ionenkonzentration an der Phasengrenze Stahl/Beton (2), erklärt. (1) (2) Eine Quantifizierung der Effekte im Hinblick chemische Veränderungen im System und der damit verbundenen Veränderung des Korrosionszustandes des Schutzobjektes wurde bislang noch nicht vorgenommen. 2. Ziel der ArbeitZiel der Arbeit war es, den Effekt der sekundären Schutzmechanismen in definierter Umgebung zu quantifizieren. Die Messungen wurden zu diesem Zweck in künstlichen Betonporenlösungen mit variierenden Konzentrationen an Hydroxyl- und Chloridionen durchgeführt. Im Beton werden diese beiden Konzentrationen wesentlich durch die elektrochemischen Prozesse während des KKS-B verändert. 3. Probekörper und UntersuchungsmethodenDie folgenden Untersuchungen wurden in künstlicher Betonporenlösung bei unterschiedlichen pH-Werten (12,6; 13,1 und 13,6) und unterschiedlichen Chloridkonzentrationen (0 mol/l - 5 mol/l) durchgeführt, um die getrennt Quantifizierung der beiden betrachtenden Schutzeffekte zu ermöglichen. Abbildung 1 zeigt den Versuchsaufbau für galvanostatische Dauerpolarisationsversuche an definiert vorgeschädigtem Bewehrungsstahl in künstlicher Betonporenlösung (KBP). Zur Verifizierung der Auswirkungen der einzelnen sekundären Schutzmechanismen auf den Korrosionszustand des Systems wurden im Anschluss an die Dauerpolarisation weitere Untersuchungsmethoden wie elektrochemische Impedanzspektroskopie (EIS) oder potentiodynamische Polarisation angewendet. Die galvanostatischen Dauerpolarisationsversuche wurden anodisch mit einer Stromdichte ia = +36,6 mA/m² durchgeführt. Die Vorschädigung der Proben erfolgte über 72 Stunden bei anodischer Polarisation mit einer Stromdichte von ebenfalls iv = +36,6 mA/m², was ausreichend war, um stabile Lochkorrosion zu erzeugen. Die Chloridionenkonzentration der Ausgangslösung wurde durch Verdünnung mit chloridfreiem und ansonsten identischem Elektrolyten alle 72 Stunden sukzessive verringert. 4. Ergebnisse und SchlussfolgerungenAbbildung 2 zeigt exemplarisch den Zusammenhang zwischen der sukzessiven Verringerung der Chloridionenkonzentration im Medium und anodischem Polarisationspotentials im galvanostatischen Dauerpolarisationsversuch bei einem pH-Wert von 12,6 und einer Ausgangskonzentration von 1250 mmol/l Cl-. Die blaue gestrichelte Kurve zeigt die Potentialmittelwerte aller Proben bei Verringerung der Chloridkonzentration sowie deren Standardabweichung als Streuband. Im Vergleich dazu sind die Potentialmittelwerte der Referenzproben bei denen der Chloridgehalt der Lösung nicht verringert wurde als rote gestrichelte Linie ebenfalls mit zugehöriger Standardabweichung dargestellt.
Die Grenzkonzentration, bei der eine signifikante und dauerhafte Veränderung des Korrosionszustandes der Proben anhand der Polarisationspotentiale festgestellt wurde, lag für die oben betrachtete Versuchsreihe zwischen 20 mmol/l Cl- und 7 mmol/l Cl-. Auf Grundlage der Untersuchungen des Korrosionszustandes der Proben mittels elektrochemischer Impedanzspektroskopie konnte gezeigt werden, dass die Proben trotz deutlich verringerter Korrosionsrate, nicht den Zustand der Passivität wiedererlangten, vgl. Abbildung 3.
Diese Aussage konnte mittels potentiodynamischer Stromdichte-Potentialkurven verifiziert werden, vgl. Abbildung 4. Auf Grundlage der EIS-Messungen und der potentiodynamischen Polarisationsversuche konnte gezeigt werden, dass eine Verringerung der Korrosionsrate um etwa eine Größenordnung erreicht wurde, was im vorliegenden Fall auf das gemeinsame Wirken von Durchtritts- und Diffusionshemmung zurückzuführen ist.
Zusammenfassend lässt sich aus den Untersuchungen zum Einfluss der Verringerung der Chloridkonzentration folgern, dass das Absenken der Chloridionenkonzentration im Korrosionsmedium eine dauerhafte Verringerung der Korrosionsrate des zuvor korrodierenden System verursachen kann, wenn eine vom pH-Wert der Lösung abhängige spezifische Grenzkonzentration unterschritten wird. 5. Bedeutung der Ergebnisse für die PraxisBei der Instandsetzung von Stahlbetonbauteilen stellt sich im Verlauf der Planung im Normalfall die Frage, mit welcher Restlebensdauer des instandzusetztenden Objektes kann nach der Instandsetzung gerechnet werden kann. Dies gilt sowohl für die konventionelle Instandsetzung als auch für die Instandsetzung mit Hilfe elektrochemischer Verfahren wie dem KKS. Im letzteren Fall kommt der Lebendauer des Anodensystems, welches aus der Anode selbst und einem geeigneten Anodeneinbettmaterial besteht eine besondere Bedeutung zu. Während hohe Anforderungen an die lebensdauerverlängernde Wirkung der Instandsetzung bei Verwendung inerter Anoden, wie Ti-MMO-Anoden, problemlos möglich sind, stellt sich bei anderen Anodensystemen regelmäßig die Frage nach der Dauerhaftigkeit. Aus den oben dargestellten Untersuchungen lässt sich ableiten, dass die Korrosionsschutzwirkung, welche aus den sekundären Schutzmechanismen hervorgeht auch nach Abschalten der Anlage, bzw. Überschreiten der Lebensdauer des Anodensystems, Bestand hat. Demzufolge kommt den sekundären Schutzmechanismen gerade hinsichtlich des Abschätzens der Dauerhaftigkeit der Instandsetzung eine entscheidende Bedeutung zu. Für die Praxis bedeutet dies, dass die lebensdauerverlängernde Wirkung von KKS-Maßnahmen nicht zwangsläufig mit der Außerbetriebnahme der Anlage endet, sondern im günstigen Fall anhält. Hinweise dafür, dass die gezeigten Effekte auch in der Praxis auftreten lassen sich in der Literatur finden [7, 13-16]. In welchem Maße diese tatsächlich auftreten und welchen Einfluss die Anoden- und Bauteilgeometrie auf die sekundären Schutzmechanismen hat, ist, unter besonderer Berücksichtigung der Schutzwirkung an der rückseitigen Bewehrung, Thema eines gemeinsamen Forschungsprojektes von ibac und BAM mit dem Titel: „Schutzmechanismen bei kathodischer Langzeitpolarisation von Stahl in Beton - Rückseitiger kathodischer Korrosionsschutz von Stahl in Beton“. Derzeit finden die sekundären Schutzeffekte noch keine Berücksichtigung bei den Leistungsanforderungen an KKS-Anlagen im Stahlbetonbau, was den konservativen Charakter der DIN EN 12696 [12] hinsichtlich der im KKS-B anwendbaren Schutzkriterien unterstreicht. 6. DanksagungDiese Arbeit wurde im des Forschungsvorhabens „Schutzmechanismen bei kathodischer Langzeitpolarisation von Stahl in Beton - Rückseitiger kathodischer Korrosionsschutz von Stahl in Beton“, welches durch die DFG gefördert wird durchgeführt. Die Autoren danken der DFG für ihre hervorragende Unterstützung. Literatur 1. Isecke, B., Kathodischer Korrosionsschutz von Bewehrungsstahl in Betonbauten, in Handbuch des kathodischen Korrosionsschutzes, W.v. Baeckmann and W. Schwenk, Editors. 1999, Wiley-VCH: Weinheim, New York, Chichester, Brisbane, Singapore, Toronto. |
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01.06.2023 19:14 |